Die Praxisabgabe Teil 1

Strategie, Steuer- und betriebswirtschaftliche Aspekte
Teil 1: Vorbereitungsphase der Praxisabgabe - Strategie
Gastbeitrag von Dipl.-Oec. Frank Pfeilsticker, Steuerberater - Konzept Steuerberatungsgesellschaft mbH
Im Rahmen unserer Tätigkeit für Angehörige der Heilberufe werden wir immer wieder mit sich wiederholenden Problemstellungen konfrontiert, für die wir entsprechende Lösungen erarbeitet haben. Neben der Begleitung der Existenzgründung sowie der Gründung bzw. Gestaltung von Kooperationen gehört auch die Praxisabgabe zu diesen speziellen Fragestellungen. Die Abgabe einer ärztlichen oder zahnärztlichen Praxis wird in vielfältiger Weise auch vom Steuerrecht tangiert. Der nachfolgende Beitrag soll insbesondere zu den ertragsteuerlichen Auswirkungen Hilfestellung bieten.
I.) Vorbereitungsphase der Praxisabgabe - Strategie
Wichtig ist im Hinblick auf die Aufgabe der freiberuflichen Tätigkeit, dass die Planungen rechtzeitig beginnen. Die Suche eines geeigneten Nachfolgers, die Maximierung des Verkaufserlöses sowie die Minimierung der steuerlichen Belastung des Veräußerungsvorgangs sind zu bewältigen.
Wenn die Umstände es zulassen, kann es hilfreich sein, die Praxis für einen Übergangszeitraum mit dem Interessenten zusammen zu betreiben, um die Bindung der Patienten möglichst reibungslos auf den Nachfolger zu übertragen. Der normalerweise festzustellende Verlust von Patienten bei einer Übernahme ohne gemeinsame Übergangszeit kann mit Hilfe einer so genannten Übergangssozietät erheblich vermindert werden. Dieser Effekt wird auch erreicht, wenn ein bereits in der Praxis beschäftigter Assistent die Arztpraxis übernimmt.
In der Beratungspraxis haben wir mehrere Fälle vorgefunden, die stark vereinfacht wie folgt zu skizzieren sind. In räumlicher Nähe einer Stadt sind sowohl ein Senior-Arzt als auch ein Junior-Arzt tätig. Der Senior hat viele Patienten, gut zu tun und als Ziel die Abgabe der Praxis mittelfristig vertraglich zu sichern sowie in Etappen kürzer zu treten. Der Junior würde gern mehr Patienten behandeln und hat als Ziel seine Praxis auszubauen, weiß aber nicht genau, wie er neue Patienten generieren kann. Wenn es nun gelingt durch gemeinsame Beratungsgespräche die natürlichen Berührungsängste abzubauen, kann es am Ende beispielsweise dazu kommen, dass die Praxen zusammengelegt werden. Der Senior bekommt einen Vertrag, der die späteren Abgabemodalitäten wie zum Beispiel den Kaufpreis sowie den Zeitpunkt des Ausstieges bereits genau festlegt und somit eine sehr komfortable und sichere Phase bis zum tatsächlichen Ruhestand. Der Junior erhält die Möglichkeit die Patienten des Seniors in dieser gemeinsamen Phase nach und nach und in gewünschtem Umfang zu übernehmen. Durch diese Beratungsstrategie konnten wir in der Praxis mehrfach erreichen, dass die beteiligten Ärzte ihre Ziele mittels Übergangssozietät sehr effektiv gemeinsam verwirklichen konnten.
Ist man in der glücklichen Lage, dass eines der Kinder oder ein anderer naher Angehöriger zum Zeitpunkt des bevorstehenden Ruhestandes bereitsteht in die Fußstapfen zu treten, könnte auch so der ideale Praxisnachfolger gefunden werden, da sich bei der familieninternen Lösung zum Teil steuerlich günstige Gestaltungen anbieten, die im Einzelfall geprüft werden sollten.
Der Wert einer Arztpraxis hängt in erster Linie von drei Kriterien ab. Liegt die Praxis in einem gesperrten oder offenen Zulassungsbezirk, in welchem Zustand befindet sich das materielle Anlagevermögen (Substanzwert) und entscheidend, wie hoch ist der ideelle Ertragswert (good will). Bei den Zahnärzten ist die Bedarfszulassung mit Wirkung vom 01.04.2007 entfallen, so dass das vorgenannte Kriterium der Zulassungsknappheit keine Rolle mehr spielt. Durch Modernisierungsinvestitionen (z. B. in neue Geräte, Behandlungseinheiten, etc.) kann der Substanzwert gesteigert werden. Nach Möglichkeit sollten diese Investitionen jedoch bereits fünf Jahre vor der geplanten Abgabe erfolgen, da dann die steuerlichen Abschreibungen noch in der aktiven Phase der Berufstätigkeit, in der hohe Steuersätze anfallen, zum Tragen kommen. Der für die Kaufpreisfindung häufig ausschlaggebende Ertragswert wird nach den herkömmlichen Praxisbewertungsmethoden maßgeblich durch den Ertrag der letzten drei bis fünf Jahre bestimmt. Daher ist es wichtig, die Entwicklung der Umsätze in den letzten Jahren nicht „schleifen zu lassen“, sondern im Gegenteil darauf zu achten, dass die Umsätze und Erträge nach Möglichkeit nicht sinken, sondern zumindest konstant gehalten werden. Auch unter diesem Aspekt könnten Ersatzinvestitionen, die vielleicht eine effektivere Arbeitsweise ermöglichen und somit Umsatzsteigerungen ermöglichen, für die spätere Praxisbewertung äußerst hilfreich sein.
Lesen Sie hier den 2. Teil des Gastbeitrags
© Konzept Steuerberatungsgesellschaft mbH, Berlin und Potsdam 2021
www.konzept-steuerberatung.de