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Die Praxisabgabe Teil 2

Strategie, Steuer- und betriebswirtschaftliche Aspekte
Teil 2: Veräußerung einer Einzel-Praxis im steuerrechtlichen Sinne und Steuerliche Folgen beim Praxisabgeber
Gastbeitrag von Dipl.-Oec. Frank Pfeilsticker, Steuerberater -  Konzept Steuerberatungsgesellschaft mbH

II.) Veräußerung einer Einzel-Praxis im steuerrechtlichen Sinne

Der Gewinn, der bei der Veräußerung einer Praxis entsteht, ist in der Regel steuerlich begünstigt. Die Vergünstigung führt normalerweise dazu, dass der Veräußerungsgewinn nicht wie der „normale laufende“ Gewinn mit ca. 48% (incl. Soli und Kirchensteuer) besteuert wird, sondern im Durchschnitt mit ca. 20-23%. Der Begünstigung liegt der gesetzgeberische Wille zugrunde, unbillige Härten zu vermeiden, welche bei einem hohen Veräußerungspreis dadurch entstehen würden, dass der oft in vielen Jahren entstandene Wert der Praxis mit einem Schlag nach dem progressiven ESt–Tarif versteuert werden müsste. Der Gesetzgeber wollte dem Unternehmer, der jahrelang sein Unternehmen aufgebaut hat, den Veräußerungserlös als zweites Standbein der Altersversorgung zum großen Teil belassen.

Folgende Verhaltensweisen müssen jedoch eingehalten werden, damit die steuerliche Vergünstigung zum Tragen kommt.

1.) Veräußerung der wesentlichen Grundlagen einer Praxis

Die Begünstigung des Veräußerungsgewinns setzt voraus, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen der freiberuflichen Tätigkeit im Ganzen auf einen Erwerber übertragen werden. Werden nur einzelne Wirtschaftsgüter veräußert sind diese Veräußerungen nicht steuerbegünstigt, sondern zählen zum laufenden Gewinn. Die wesentliche Grundlage einer freiberuflichen Praxis ist der Patientenstamm. Das betriebliche Praxisgebäude kann ebenfalls dazu zählen.

2.) Einstellung der freiberuflichen Tätigkeit für eine gewisse Zeit

Die begünstigte Veräußerung einer freiberuflichen Praxis setzt nach ständiger Rechtsprechung zwingend voraus, dass der Steuerpflichtige seine selbständige Tätigkeit im bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigstens für eine ‚gewisse Zeit‘ einstellt, ca. zwei bis drei Jahre.

Die Überleitung des Patientenstammes ist nach Meinung des BFH nicht gesichert, wenn der Veräußerer mit seiner bisherigen Tätigkeit in räumlicher Nähe zu dem veräußerten Betrieb ohne zeitliche Unterbrechung weiterhin tätig bleibt und damit mit dem Erwerber zumindest bezüglich der bisherigen Patienten in Konkurrenz tritt. In der Praxis dürfte das aber häufig schon durch vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbote seitens des Erwerbers im Rahmen der Kaufverträge verhindert werden.

Sofern die Berufstätigkeit nach erfolgter Praxisveräußerung dennoch nicht vollständig aufgeben werden soll, bieten sich hierbei folgende Gestaltungen und Möglichkeiten an, ohne die Steuerbegünstigung der Praxisveräußerung zu verlieren.

3.) Geringfügige Fortsetzung der freiberuflichen Tätigkeit    < 10%

Die Fortsetzung der Haupttätigkeit am gleichen Ort ohne Einhaltung der Wartefrist ist steuerlich für den Veräußerungsgewinn nur dann unschädlich, wenn sie in geringem Umfang ausgeübt wird. Die Rechtsprechung hat das angenommen, wenn die darauf entfallenden Umsätze in den letzten drei Jahren weniger als 10% der gesamten Einnahmen ausmachten.

4.) Mitarbeit in der Praxis des Erwerbers

Wenn der Praxisveräußerer vorzugsweise als Angestellter oder freier Mitarbeiter nach Praxisabgabe in der Praxis des Erwerbers seine früheren Patienten im Namen und auf Rechnung des Erwerbers betreut, so steht dies der steuerbegünstigten Praxisveräußerung nach Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes nicht entgegen.

III.) Steuerliche Folgen beim Praxisabgeber

Liegt eine begünstigte Praxisveräußerung vor, unterliegt der Veräußerungsgewinn nach §§ 16 und 34 EStG einer Tarifbegünstigung, und es kommt ein Freibetrag von Euro 45.000 zum tragen. Der Freibetrag ermäßigt sich jedoch um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136.000 Euro übersteigt. Seit 1996 kommt der Freibetrag nur dann in Betracht, wenn der Stpfl. das 55. Lebensjahr vollendet hat oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist. Der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil vom 28.11.2007 entschieden, dass der Freibetrag nur gewährt werden kann, wenn der Veräußerer das 55. Lebensjahr bereits im Zeitpunkt der Veräußerung der Praxis vollendet hat. Als Veräußerungszeitpunkt ist nicht der Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung maßgebend und auch nicht der Zahlungstermin des Kaufpreises, sondern ausschließlich der Zeitpunkt des so genannten Nutzen-/Lastenüberganges, also der Zeitpunkt der eigentlichen Übergabe der Praxis.

Für die Wahl des optimalen Zeitpunktes der Praxisabgabe ist wichtig zu wissen, dass nach Möglichkeit zu Beginn und nicht zum Ende eines Kalenderjahres übertragen wird. Dadurch kann vermieden werden, dass zusätzlich zum Veräußerungsgewinn noch hohe laufende Praxiseinkünfte versteuert werden müssen, was zu einem höheren Steuersatz führen würde.

Der Freibetrag wird jedem Stpfl. nur noch einmal im Leben und auf Antrag gewährt. Bei zwei Betrieben muss also geprüft werden, wo sich der Freibetrag besser auswirken kann. In bestimmten Fällen kann auch eine so genannte Fünftelregelung das steuerlich günstigste Ergebnis hervorbringen. Es ist also eine Prüfung des jeweiligen Einzelfalles vorzunehmen.

Lesen Sie hier den 1. Teil des Gastbeitrags

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