Patientenakten: viele Regeln - viele Gefahrenquellen
Krankenunterlagen und Patientenakten enthalten personenbezogene Daten, die nach den Vorgaben des Datenschutzes als besonders schützenswert eingestuft werden. Aus diesem Grund haben Patienten ein berechtigtes Interesse daran, dass diese sehr persönlichen und sensiblen Daten nur von befugten Personen eingesehen werden.
Die Patientenakte mit den darin enthaltenen Daten stellt zudem ein Geheimnis im Sinne des Strafgesetzbuches (§ 203 StGB) dar, was bedeutet, dass eine unbefugte Offenlegung mit einer Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe geahndet werden kann. Darüber hinaus sieht die Musterberufsordnung (MBO-Ärzte) Konsequenzen wie eine Rüge oder ein Ordnungsgeld vor, wenn die Patientenunterlagen nicht ordnungsgemäß behandelt werden. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass Ärzte und medizinische Einrichtungen sorgfältig mit den Patientendaten umgehen und sicherstellen, dass sie nur von befugten Personen eingesehen werden können.
Wichtig: Unterschiedliche Aufbewahrungsfristen
Es ist wichtig, dass verschiedene Aufbewahrungsfristen beachtet werden, insbesondere wenn es um die Geheimhaltung von Gesundheitsdaten geht. Die Aufbewahrung von Behandlungsunterlagen muss normalerweise zehn Jahre nach Abschluss der Behandlung erfolgen, es sei denn, es gibt spezielle Vorschriften für bestimmte Arten von Unterlagen. Zum Beispiel gibt es längere Aufbewahrungsfristen für Unterlagen aus dem Röntgen- oder Strahlenschutzbereich sowie für Transfusionsmedizin und BG-Verletzungsartenverfahren. Es gibt auch kürzere Fristen für bestimmte Dokumente wie Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Es ist wichtig zu beachten, dass es für Verletzungen von Leben, Körper oder Gesundheit eine Verjährungsfrist von bis zu 30 Jahren gibt. Daher sollte zumindest die Aufklärungsdokumentation für 30 Jahre aufbewahrt werden, um im Falle von Ansprüchen gerüstet zu sein.
Fremde Behandlungsunterlagen bei Praxisübernahme
Wenn Ärzte und Zahnärzte und ZahnÄrzte und Zahnärzte eine Praxis übernehmen, lagern sie oft auch die Behandlungsunterlagen des vorherigen Praxisinhabers. Allerdings bleiben diese Unterlagen Eigentum des alten Inhabers und er ist weiterhin verantwortlich dafür, dass sie vor unbefugtem Zugang geschützt sind. Aus diesem Grund gibt es mittlerweile Klauseln in den meisten Praxiskaufverträgen, die regeln, dass der neue Inhaber erst mit Zustimmung des Patienten Zugang zu den Unterlagen des alten Inhabers erhält und dass die Akten sicher gelagert werden müssen.
Wenn die Unterlagen aufgrund von unsachgemäßer Lagerung verloren gehen, kann der alte Inhaber möglicherweise rechtliche Ansprüche geltend machen. Nicht jede Naturkatastrophe, wie zum Beispiel ein Wasserschaden, führt automatisch zu einer Haftung des neuen Inhabers. Dennoch sollten die Unterlagen nicht absichtlich Gefahren ausgesetzt werden, wie zum Beispiel durch Lagerung in feuchten Kellern.
Lagerung von Behandlungsunterlagen in Papierform
Wenn analoge Behandlungsunterlagen in Papierform vorliegen, können sie viel Platz beanspruchen, was dazu führt, dass viele Behandler diese nach Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist vernichten. Allerdings sollten die Unterlagen nicht einfach in die Altpapiertonne geworfen werden, da sie schutzwürdige Daten enthalten, die vor dem Zugriff durch Unbefugte geschützt werden müssen. Es ist ratsam, ein zertifiziertes Entsorgungsunternehmen mit der Vernichtung der Unterlagen zu beauftragen und diese bis zur Abholung sicher aufzubewahren. Der Arzt ist dafür verantwortlich, dass die Unterlagen ordnungsgemäß vernichtet werden.
Auch beim Umzug einer Praxis müssen die Krankenakten sorgfältig transportiert werden. Es sollte vermieden werden, sie zusammen mit dem übrigen Umzugsgut in unverschlossenen Umzugskartons durch ein Umzugsunternehmen transportieren zu lassen. Dadurch wäre der Schutz der Daten nicht mehr gewährleistet.
Ist die digitale Dokumentation sicherer?
Im Vergleich zur analogen Aktenführung scheint die elektronische Krankenakte als Goldstandard zu gelten, da sie viele der Fallstricke der analogen Aktenführung vermeidet. Allerdings bedarf auch die sichere Führung digitaler Akten einiger Vorkehrungen. Das Netzwerk muss vor dem Zugriff Unbefugter geschützt werden, um Angriffe durch Viren und Schadsoftware zu vermeiden, die immer häufiger vorkommen. Ein solcher Angriff kann dazu führen, dass die gesamte Dokumentation vernichtet oder unzugänglich gemacht wird und der Praxisbetrieb unterbrochen wird. Dadurch können erhebliche finanzielle Schäden entstehen, wenn vorher erhobene Befunde nicht mehr zur Verfügung stehen und eine ordnungsgemäße Behandlung der Patienten nicht mehr gewährleistet ist. Um gegen solche Risiken abgesichert zu sein, bietet eine Cyberpolice je nach vereinbarten Tarif zusätzlichen Versicherungsschutz, der nicht nur finanzielle Entschädigung bietet, sondern auch Präventionsbausteine, einen Notfallplan sowie Experten für Krisenkommunikation, Rechtsberatung und forensische Dienstleistungen beinhaltet.
Wenn Patientenakten durch Cyberangriffe oder andere Vorfälle "gekidnappt" oder gelöscht werden, können erhebliche Beweisprobleme für haftungsrechtliche Auseinandersetzungen entstehen. Denn im Arzthaftungsprozess hat die ärztliche Dokumentation einen hohen Beweiswert. Bestimmte ärztliche Maßnahmen müssen dokumentiert werden, da sie sonst als nicht durchgeführt gelten. Zwar kann die Behandlerseite den Beweis auf anderem Wege erbringen, jedoch ist dies nicht immer möglich.
Sorgfaltspflicht und Prävention notwendig
Neben dem Schutz vor Angriffen sollten elektronische Krankenakten auch vor anderen Gefahren wie Bränden geschützt werden. Dazu können Sicherungskopien in Cloudlösungen oder an anderen Orten abgelegt werden, die ausreichend gesichert und zertifiziert sind. Ärzte und Zahnärzte müssen sorgfältig und gewissenhaft vorgehen und das Interesse des Patienten an Geheimhaltung im Auge behalten, um straf- und berufsrechtliche Vorgaben einzuhalten und unnötige Schadensersatzansprüche und finanzielle Nachteile zu vermeiden.
Bei der Anlage und Aufbewahrung von Patientenakten müssen Ärzte und Zahnärzte äußerst gewissenhaft und sorgfältig vorgehen. Dabei sollten sie immer das Interesse des Patienten an der Geheimhaltung im Auge behalten, um mögliche Verstöße gegen straf- und berufsrechtliche Vorgaben zu vermeiden. Dadurch können auch unnötige Schadensersatzansprüche und finanzielle Nachteile vermieden werden.
© Tausend Finanz GmbH 2023 i.V.m. HDI MedLetter Ausgabe April 2023